Auf dem rechten Auge blind?

10.08.2016

Während eine friedliche, von linken Aktivist_innen durchgeführte Demonstration gegen Faschismus und rechte Hetze am vergangen Samstag mit unverhältnismässiger Polizeipräsenz aufgelöst wurde, liess man eine Kundgebung von Rechtsextremen auf dem Rütli gewähren.
Das mediale Echo auf die friedliche «Demonstration gegen rechte Hetze und faschistische Strukturen» einer nicht bekannten Gruppierung war bereits anfangs letzter Woche gross: Sowohl Regierung als auch die Polizei meldeten sich zu Wort und machten zusammen mit dem Boten Stimmung gegen links. Die Polizei stand am vergangen Samstag schliesslich mit einem Grossaufgebot, verstärkt durch Beamt_innen aus Zürich, Uri, Zug und der Transportpolizei, im Einsatz. Die friedliche Kundgebung wurde bereits nach kurzer Zeit aufgelöst, eine Jagd auf Demonstrierende begann und endete in der Wegweisung zahlreicher Teilnehmender.
Zur gleichen Zeit trafen sich in Brunnen aufgrund der antifaschistischen Demonstration einige Dutzend Rechtsextreme und tags darauf versammelten sich rechtsradikale Gruppierungen, unter ihnen auch die PNOS, auf dem Rütli zu einer ebenfalls unbewilligten Kundgebung. Bereits im Voraus wussten Politik und Justiz durch Aufrufe in sozialen Netzwerken über die Veranstaltung vom Sonntag Bescheid und durch das Polizeiaufgebot vom Samstag in Brunnen war man auch über die Anwesenheit der rechten «Gegendemonstranten» in Kenntnis.
Die friedliche, linke Demonstration mit dem Ziel, ein Zeichen gegen faschistoide Tendenzen und den Aufmarsch von Rechtsextremen zu setzen, wird mit einem unverhältnismässigen und zehntausende Franken schweren Polizeiaufgebot gestoppt, die Rechtsextremen aber lässt man gewähren. Und dies, obwohl die Besitzerin des Rütlis – die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft – nach diversen Ausschreitungen in den letzten Jahren keine politischen Veranstaltungen auf dem Rütli akzeptiert. So schreibt sie in ihrer Benutzungsordnung für das Rütli explizit, dass «das Rütli nicht für Ziele (...), welche die Grundwerte der Eidgenossenschaft in Frage stellen», und «nicht für partikuläre politische Ziele» genutzt werden darf.
Es scheint, Politik, Justiz und Medien seien auf dem rechten Auge blind. Dass auf zwei unbewilligte Kundgebungen auf so unterschiedliche Weise reagiert wurde, wirft bei uns Fragen auf und zeigt wohl, weshalb Veranstaltungen wie die «Demonstration gegen rechte Hetze und faschistische Strukturen» noch immer nötig wären.