In Friedenszeiten ist kein Geld für sozialpolitische Reformen vorhanden – sobald jedoch Krieg ausbricht, klirren die Kassen. Im Jahr 2016 verschlingen in der Schweiz zwar nicht Kriegsausgaben Unsummen an Geld, es ist vielmehr eine ungerechte Steuerpolitik für wenige statt für alle.
Artikel erschienen im Schwyzer Demokrat Nr. 3, März 2016
Von Michèle Steiner
Statt sozialpolitisch vorwärts zu denken, investierte der Kanton Schwyz in der Zeit, als die Staatskassen noch nicht komplett leer waren, lieber in eine ausgeklügelte Steuerdumpingstrategie, die dem Kanton zu einem Geldsegen verhelfen sollte. Gefruchtet hat diese Strategie nicht – heute prangt in der Schwyzer Kantonskasse ein riesiges Loch. Innerhalb von einigen wenigen Jahren hat es der Kanton zustande gebracht, ein stattliches Vermögen von 600 Millionen Schweizer Franken zunichte zu wirtschaften. Nicht verwunderlich also, dass der Spruch «Kein Geld vorhanden» für das Finanzdirektorium unter der Leitung Michels wie das Amen in der Kirche ist.
Für die Auswirkungen dieser Dumpingsteuerpolitik müssen jedoch nicht diejenigen aufkommen, die uns diese Suppe eingebrockt haben. Es ist vielmehr der grösste Teil der Bevölkerung, die Unter- und die Mittelschicht, der unter rigorosen Sparmassnahmen zu leiden hat. Statt auf der Einnahmeseite anzusetzen, werden flächendeckend öffentliche Dienstleistungen abgebaut. So sparte der rechtsbürgerliche Kantonsrat im vergangen Jahr gleich mehrere Millionen in der Bildung und propagierte sogar einen Lektionenabbau an Primar- und Mittelschulen. Gleichzeitig steckte der Kanton Schwyz im vergangenen Jahr jedoch rund 2.5 Millionen Franken in die Jubiläumsfestivitäten zur Schlacht am Morgarten. Tagelang wurden zwischen Sattel und Ägeri Bier und Bratwürste konsumiert, eine Militärparade abgehalten und dabei ein längst überholtes Bild einer «Befreiungsschlacht» zelebriert, das schon lange nicht mehr dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand entspricht. Für die Bildung ist kein Geld vorhanden – für Militärfeste hingegen schon.
Ein weiteres passendes Stichwort ist das HSR-Konkordat. Die rechtsbürgerliche Regierung forderte im vergangen Herbst, dass der neuen Vereinbarung zur Hochschule Rapperswil nicht beigetreten werden solle, da der Kanton kein Geld habe. Die Bildung sollte einmal mehr der Schwyzer Steuerdumpingpolitik geopfert werden – für sozialpolitische Forderungen ist kein Geld vorhanden. Wie lange dauert es wohl noch, bis die Mehrheit der Schwyzer Bevölkerung endlich erkennt, dass mit Sparübungen im sozialpolitischen Bereich überhaupt nichts gespart werde kann? Wie lange wird der Devise «Heute sparen, morgen fluchen» noch Folge geleistet? Aufgewacht wird vermutlich erst, wenn es bereits zu spät ist. Es wäre nicht das erste Mal.
"Man denke jetzt in der Kriegszeit, wo Hunderte von Millionen verchlöpft werden, ohne dass für sie ein Gegenwert geschaffen wird, einmal zurück in die Zeit vor dem Kriege. Wie musste man da in allen Zeitungen aller Länder immer wieder lesen, dass die sozialpolitischen Forderungen in den Parlamenten abgelehnt worden sind, weil – nach den Begründungen der Herrschenden in den Ländern und in den Kommunen – dafür kein Geld vorhanden war. Oft mussten jahrelange politische Kämpfe geführt werden, um nur die kleinsten sozialen Fortschritte zu verwirklichen. Um Ausgaben von lumpigen tausend Fränkli zur Hebung des Volkes, Bildung und Wohlfahrt musste in den Parlamenten in der Regel lange gezankt werden. Immer und immer wieder hiess es vom grünen Tische her: es ist kein Geld da.
Und jetzt werden Milliarden und Milliarden nur so bewilligt für den Krieg. Zum Aufbau und zur Weiterentwicklung der Kultur hatte man immer kein Geld, aber zu deren Zerstörung wirft man es sozusagen ungezählt hinaus, ja noch mehr als man hat, man pumpt sich noch dazu. Das Vermögen ganzer Nationen, der Reichtum ganzer Völker wird jubelnd in den Feuerbrand geworfen und der Tod gut besoldet durch die Lande gejagt.
Ist das eine Menschheit?
Pfui Teufel!"
Aus dem Schwyzer Demokrat vom 22. Januar 1916
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